29. April
Tatsächlich war die Stadt am Morgen in Weiß gehüllt. Ähnlich frostig wie der beginnende Tag verlief auch der erste Kontakt mit dem Uralwerk. Voller Zuversicht betraten wir den Haupteingang und staunten nicht schlecht über die strengen Sicherheitskontrollen, denen sich ausnahmslos alle Mitarbeiter unterziehen mussten. Einer Dame an der Rezeption trugen wir unser Anliegen, das Museum besuchen zu wollen, vor. Ja, da hätten wir uns als Ausländer zwei Wochen vorher anmelden müssen. Selbst mit gutem Zureden und auf den Verweis auf unserer lange Anreise war kein Zutritt zu erlangen. Frustriert kehrten wir in den Ural zurück.
So leicht aufgeben wollten wir aber nicht. Zwei E-Mails in russischer und englischer Sprache an den Generaldirektor und einen seiner Stellvertreter blieben zunächst unbeantwortet. Erst ein beherzter Anruf zeigte Erfolg. Der Direktor für Kundenbetreuung zeigte sich interessiert und sagte zu, die Presseleute des Werkes zu uns runter zu schicken. Schon bald begrüßten wir Rima, Svetlana und den Fotografen Alexander im „Wohnbereich“ unseres Ural. Jetzt war das Eis gebrochen. Viele Fragen, viele Fotos und viel Staunen in netter Atmosphäre. Auch eine Servicewerkstatt wurde vermittelt und Fotograf Alexander lotste uns durch die Stadt dort hin.
Wolfgang präsentierte die Wunschliste mit den Arbeiten und Kontrollen, die wir durchgeführt haben wollten. „Kein Problem, wsjo budjet“, so die in Russland übliche und Gelassenheit vermittelnde Antwort.
Der Ural wurde in eine große Halle gefahren und man begann sogleich mit dem Schrauben. „Na, das geht ja gut los“, dachten wir. Aber die Hoffnung, noch am gleichen Tag die Werkstatt wieder verlassen zu können, schwand schon bald dahin. Im Auto konnten wir natürlich nicht übernachten und zogen ins Hotel.
30. April
Rima und Svetlana hatten es geschafft, uns den Besuch im Werksmuseum zu ermöglichen. Für das große Uralwerk, fällt das Museum recht klein aus. Wir hatten mehr technische Details erwartet, waren aber dennoch aufmerksame Zuhöhrer der Ausführungen der Museumsleiterin zur Entwicklungsgeschichte des Werks. Besonders beeindruckend waren die Informationen über den Beginn der Motoren- und Lkw-Produktion unter schwierigsten Bedingungen in den Kriegsjahren. Die Produktion wurde damals aus dem Moskauer Raum in den fernen Ural verlagert.
Nach dem Museumsbesuch kehrten wir wieder in die Werkstatt zurück und mussten feststellen, dass die Arbeiten nur sehr schleppend voran gingen. Das lag vor allem daran, dass die benötigten Ersatzteile zeitraubend in kleinen Läden der Stadt zusammengekauft werden mussten. Für uns völlig unbegreiflich, weil doch das Werk direkt vor der Nase lag!
So ging auch der zweite Tag in Miass dahin und endete Wieder im Hotel.
1. Mai
Heute ist ein wichtiger Feiertag für die russischen Menschen. Miass hat sich herausgeschmückt und erstrahlt bei eiskalter Luft im Sonnenschein.
Um 10:00 beginnt die große Maidemonstration und danach wird auf dem zentralen „Prospekt der Autobauer“ gefeiert. Die Mechaniker der Werkstatt opfern ihren Feiertag und schrauben weiter an unserem Ural. Auch Igor, der stellvertretende Direktor der Servicewerkstatt ist unser ständiger Begleiter und gibt sich alle Mühe, uns den Aufenthalt so angenehm wie möglich zu gestalten. Die umständliche Ersatzteilbeschaffung bremst erneut den Fortgang der Arbeiten.
Eine gute Nachricht gibt es allerdings: Das Uralwerk übernimmt die Kosten einer kompletten Wartung (Ölwechsel im Motor und allen Getrieben und Achsbrücken. Wechsel aller Öl und Kraftstofffilter). Dafür unser herzlicher Dank!
Als wir die Werkstatt verlassen verspricht Mechaniker Michail: „Morgen werden wir bestimmt fertig“. Wsjo budjet?
Im Hotel freut man sich, als wir erneut auftauchen.